knoten
Kurzgeschichten - Lieder - RPG über mich Links - Gedichte - krude Ideen

Arne Bab.
E-Mail: Arne Bab.

Abwehrkampf des HDC
----------


'Die Station ist evakuiert. Alle Fluchtkapseln eingesammelt. Keine Verluste.' meldete die sanfte Computerstimme des Larken-Transporters. Treiken Balar lief durch den stahlverkleideten Gang zu dem Aufenthaltsraum. Um ihn standen Menschen, eine Frau hob ihr Kind auf den Arm und drückte es an sich, ein Mädchen warf sich ihrem Freund um den Hals. Beschwingt lief er weiter, grüßte hier einen Bekannten, dort einen Freund oder Kampfgefährten. Die Schlacht war gut verlaufen. Binnen drei Tagen würden alle auf die Station zurückkehren können und er könnte diese fliegende Falle verlassen. Die Menschen wurden weniger. Dann sah er erneut die Frau mit ihrem Kind und das Mädchen, dass seinen Freund umarmte.
Urplötzlich hallten Sirenen durch den Gang und die Beleuchtung wechselte auf ein pulsierendes Rot. Die Frau drückte ihr Kind fester. In ihren Augen reflektierte das rote Licht, auf und abschwellend. Das Mädchen schlang die Beine um den Körper ihres Freundes und sah Treiken an. In ihren Augen pulsierte Blut, wallte im Rhythmus des Alarms über die Wimpern. Ihre Beine drückten fester zu, dann brach das Rückrad des Jungen mit trockenem Knacken.

Treiken fuhr aus dem Bett. Immer noch glaubte er das Blut aus den Augen des Mädchens wallen zu sehen, dann erkannte er den Alarm: Kampfbeginn. Im selben Moment flog die Tür seines Zimmers ins Schloss und Mjan Li riss den Stahlschrank an der Seite auf, um ihre Waffen zu holen. "Treiken, steh auf und zieh dich an. Der Feind ist da!" rief sie, ohne ihn anzusehen. Sofort sprang er aus der Koje, trat neben sie und riss seine Kleidung aus dem Schrank. Immer noch neben ihr stehend zog er sich die Hose über, während sie kurz berichtete und ihre Waffen anschnallte. "Vor drei Minuten erschien die Flotte auf den Sensoren." er zog die Hose an und bückte sich nach dem heruntergefallenen Hemd. "Knapp dreißigtausend Jäger, fünftausend Gleiter und dreißig Mutterschiffe:" Sie ließ die Waffe im Hüfthalfter einrasten und testete die Ladung des Gewehres. "Zweitausend Invasorschiffe Klasse Gamma und fünfhundert Transporter." Er warf die Panzerweste über das Hemd und streifte die Reflek-Jacke über. "Wir haben knapp 30% davon." Sie schob ein neues Magazin ins Gewehr und warf es sich über die Schulter. "Jeden Katharnim bereits dreifach gerechnet." Er riss das Verbindungskabel aus der hinteren Ecke des Schrankfaches. "Chancen stehen neunzig zu eins für sie, vergiss deinen Laser nicht." Mjan Li lief zur Tür. Treiken zog den Laser aus dem Schrank und folgte ihr. "Hast du die Ladung überprüft?" fragte sie. "Keine Zeit."
In dreißig Sekunden rannten sie den Gang hinunter zum Aufzug. Dreizehn weitere Soldaten sprangen aus den Quartieren und schlossen sich ihnen an. Die Aufzugtüren öffneten sich lautlos und schlossen sich genauso wieder hinter ihnen. Stille.
Treiken hörte das Blut in seinen Ohren pochen, während die Fünfzehn Menschen warteten. Zehn, zwanzig Herzschläge, dann öffneten sich die Türen wieder.

Zwei Minuten später saßen sie in ihrem Gleiter. Treiken steckte das Verbindungskabel in seine Schädelbuchse, verband es mit dem Gewebe, dass die Decke über der Pilotenkanzel einnahm und legte die Hände auf die physischen Kontrollen des Schiffes. Mjan Li saß neben ihm an der Navigationskonsole und benutzte das Diodeninterface. Im Sitz dahinter lag Dredo Gormano, ihr Bordschütze, das Gesicht mit der Steuerplatte bedeckt und die Hände an beiden Seiten in den am Sitz befestigten Kontakthandschuhen.
Treikens Finger flogen über die Kontakte der Steuerung. Binnen Sekunden erloschen sämtliche Warnleuchten, dann presste der Schub sie in die Sitze.

--

Das Grollen der Triebwerke hallte durch den hohen Saal, in dem die Krieger des Herrn der letzten Predigt vor Beginn des Kampfes lauschten. Vor vielstöckigen Reihen von Gläubigen auf den Stahlsitzen erhob sich die Kanzel des Priesters auf prachtvollen Stahlsäulen, die sich über ihm zu einem gewaltigen Kreuz vereinten. Die Spitze des Kreuzes stieß durch ein, den gesamten Raum überspannendes, Kuppeldach von dem die Maschinengeräusche zurückrollten und den gesamten Raum in einen dumpfen Klangteppich tauchten. Unter den Millionen, die hier auf den Beginn der Predigt warteten, sass auf der dritten Ebene ein Krieger, die Hände vor der Brust zusammengelegt und die Augen auf das Kreuz gerichtet. Seine weiße Robe zitterte leicht, als ein Luftzug durch den Saal rauschte und völlige Stille eintrat. Hinter der Kanzel öffnete sich ein Tor, hinter dem die Robe des Priesters wie ein neugeborener Stern strahlte und den Raum mit Licht flutete. Im selben Moment herrschte Stille. Nur noch das Atmen der Krieger durchdrang sie und verstärkte sie gleichsam.
Ein leiser, klarer Ton hallte von der Decke zurück, wie eine winzige Glocke, die überall zugleich erklang. Dann sprach der Priester und seine Stimme grollte wie Donner durch das Gewölbe.
"Höret meine Kinder. Die Feinde der göttlichen Ordnung haben uns den Krieg gebracht. Nun ist es an uns, ihnen die Antwort Gottes zu übermitteln. Der Herr hat uns das Wissen um den Standort ihres größten Unheiligtums gegeben und nun ist es an Uns diesen Ort des Bösen auszulöschen und die Frevler vor Sein Antlitz zu bringen, damit er über sie richte!"
Ferne Echos der Worte hallten durch die Luft. Dann legte sich erneut Stille über den Saal. Millionen Augen blickten in stiller Erwartung auf die Kanzel und Spannung knisterte in der Luft, wie die Wolken vor einem Gewitter. Weder der Krieger, noch seine Brüder, noch der Priester bewegten sich. In gespannter Erwartung stellten sich die Härchen im Nacken des Kriegers eines nach dem anderen auf und seine Kopfhaut prickelte wie von einem eisigen Lufthauch.

Vor drei Jahren hatte er dieses Gefühl zum ersten mal gespürt. Damals waren hochgewachsene Krieger in sein Dorf gekommen, Krieger in glänzenden Rüstungen, die ein Schiff von anderen Welten gebracht hatte. Sie hatten alle jungen Männer angesehen und ihn unter ihnen auserwählt seinem Gott als Glaubenskrieger zu dienen. Er hatte wenig von der Welt außerhalb gewusst und als sie ihn in ihr Schiff gebracht hatten, spürte er quälende Angst. Doch dann hatte ihn ein Priester unter seine Obhut genommen und ihm in Gebeten die Sicherheit zurückgegeben. Jetzt, drei Jahre später, war er einer von vielen jungen Piloten und er half bereits noch Jüngeren ihre Aufgaben zu lernen und die Sicherheit Gottes zu erkennen. Sie nannten ihn Pilot Galdriel und sprachen seinen Namen mit Ehrfurcht, weil er der Gnade Gottes näher war als sie und er die Chance erhielt für die Ehre Gottes zu kämpfen und von seinen Sünden befreit zu werden.

Der Priester breitete beide Arme aus und weiches Licht fiel auf die Kanzel. Auf den Rängen atmeten alle Krieger wie einer ein, dann senkten sich die Arme wieder und der Priester senkte den Kopf. "Lasst uns beten für jene, die in den kommenden Schlachten vor unseren Herren treten werden und für den Sieg über die Frevler."
Das Licht verstärkte sich, dann begannen sie ihr Gebet. Es hallte lange in Galdriels Geist nach, selbst als er längst auf dem Weg zu seinem Jäger war.

--

"Hey, Treiken, pass auf die Formation auf, Rikkal meckert schon."
"Die soll'n sich nicht so aufregen. Wir sind hier völlig sicher. Vor uns, hinter uns, rechts, links, oben und unten sind tausende andere Verteidigungsjäger, was soll da eine kleine Abweichung vom Kurs schaden, vor allem, wenn sie Energie spart? Der wird uns danken, wenn wir in den Kampf geraten und ihm die Steuerenergie ausgeht."
"Da kommt eine Warnung rein. Zwei manövrierende Katharnim haben Schiffe im Hyperraum..."
Der Interne Funk brach ab, als Plasmafackeln über das Schiff hinwegfegten und winzige Funken überall am Rumpf verdampften. Auf den Sensoren erkannte Treiken hunderte von glühenden Schiffsrümpfen. Zusammengeschmolzene Wrackteilchen taumelten durch die Leere. Irgendwo löste sich eine Fluchtkapsel und schoss an ihnen vorbei. Dann war der Funk wieder da.
"Treiken, gib mir die Sensoren von deinem Board. Hier sind alle ausgefallen!"
"Gleich da. Dredo, mach die Kanone scharf! Sie haben Jäger! Li, ich brauche die Karte! Wer hat noch überlebt?"
Als die Karte sich über sein Gesichtsfeld legte, riss er den Gleiter zur Seite. Drei Kirchenjäger schossen direkt auf sie zu. Er drehte ab und startete die Maschinen. Wo sie sich gerade noch befanden hatten, stachen blitzende Lanzen durch die Leere. Die Steuertriebwerke dröhnten, und er riss das Schiff erneut herum. Sofort erbebte der Rumpf unter dem Feuer der Plasmaladungen der eigenen Bordkanone. Ein feindlicher Jäger zerbrach, die zwei anderen feuerten. Noch als er das Schiff erneut herumriss, trafen Schüsse einen der Flügelstumpfe und brannten tiefe Furchen in die Panzerung, die wie Messerschnitte in seinem Geist brannten.
"Halt den Gleiter ruhig, Treiken, sonst kann ich das Zielen vergessen!"
"Ich dreh ab, da kommen noch mehr!"
Aus dem Rumpf des Kriegskreuzers schwärmten immer neue Jäger, unzählbare Punkte auf der Karte. Noch während er das Schiff erneut herumriss erbebte es wieder unter dem Rückstoß der Bordkanone und die Panzerung eines weiteren Jägers zerbrach und die Plasmaladungen verwandelten sein Inneres zu Asche. Als Treiken vollen Schub gab, stockte die Bordkanone kurz, weil Dredo in seinen Sitz geworfen wurde. Der Jäger nahm die Verfolgung auf, wich ihren Schüssen aus und musste sie direkt im Visier haben, doch dann drehte er ab.
Treiken ließ seine Aufmerksamkeit über die verschiedenen Rückwärtigen Sensoren streifen. Überall Wracks, verbrannte Schiffsleichen. Über einige der zerschmolzenen Schiffsleichen stoben Entladungen, wenn die Ummantelung der Energiezellen brach, dann versanken sie wieder in Stille und verschwanden vor dem schwarzen Hintergrund des Alls.
"Treiken, wir haben wieder Kontakt! Cordan fragt, was passiert ist und ob wir weiterkämpfen. Außerdem fluten die Kreuzer alle Kanäle mit Kirchenmusik, irgendwas von Sterblichkeit und dem Sieg des Himmels, wenn mich mein Latein nicht trügt."
"Sag ihm, wir kämpfen weiter! Er soll uns an die Front schicken!"
"Wir haben nur noch Energie für eine halbe Stunde aktiven Kampf, dann müssen wir zurück."
"Dann lass dir die Route geben!"

--

Flammen des Zorns regneten über den Himmel, weiße Blitze zucken auf, wo der Zorn Gottes die Schiffe der Frevler traf und verbrannte. Sofort griffen die Piloten die verbleibenden Schiffe an. Vor sich sah Galdriel sein Ziel. Ein Gleiter der Frevler, weiß, wie eine Verhöhnung Gottes, und mit schwarzen Punkten übersät, wo Göttlicher Zorn seine wahre Gestalt freigelegt hatte. Tödliche Ladungen schossen aus der Bordkanone seines Feindes und schickten einen seiner Brüder vor das Angesicht Gottes. Der Frevler traf einen weiteren seiner Brüder, und Galdriel spürte den Göttlichen Zorn in sich aufsteigen. Als der Gleiter zu fliehen versuchte, nahm er die Verfolgung auf. Die Waffe seines Feindes schoss tödliches Feuer, das weiße Linien in sein Gesichtsfeld brannte, doch es vermochte ihn nicht zu treffen. Er spürte die Macht Gottes wachsen, kaum zehn Herzschläge, dann könnte er Seinen Auftrag erfüllen. Der Gleiter war in seinem Zielfeld. Die göttliche Macht wuchs und heilige Gewissheit erfüllte seinen Geist. Seine Finger legten sich auf die Waffenkontrollen. Er spürte, wie der Moment der Gnade näherrückte, ein gleißendes Licht aus der Tiefe der Schwärze. Es wuchs und erfüllte seinen Geist, breitete sich aus und ließ alles andere verblassen.
"Pilot Galdriel. Drehen sie ab." Das Licht flackerte und seine Finger zitterten über den Waffen. "Pilot Galdriel, eine größere Aufgabe wurde ihnen zugeteilt. Drehen sie ab." Das Licht verlosch und er wich zurück. Leise Musik erfüllte das Cockpit, machtvolle Klänge, die den Sieg der Gläubigen und die Vernichtung der Frevler verkündeten. Er ließ sich in der Musik treiben und langsam kehrte die Gewissheit zurück. Er würde sich seines Gottes würdig erweisen.

Die leisen Stimmen der Piloten erfüllten die Dunkelheit des Gebetsraumes. Sie legten sich wie eine warme Decke über seinen Körper und seinen Geist. Er kniete sich auf seinen Platz und versenkte sich, doch seine Ruhe wurde immer wieder von einem Gedanken durchbrochen. Wieso hatte man ihn zurückgehalten? Er wusste, dass Fragen die Versuchung waren, die die Krieger Gottes von ihrem Weg abzubringen versuchte, und er nutzte das Gebet, um sie zu verdrängen, doch sie kamen wieder und wieder. Würde er seinem Gott würdig sein, wenn Fragen seinen Geist quälten? Verzweifelt sprach er seine Gebete und bald löste sich seine Stimme aus dem Murmeln der anderen. Dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Eine sanfte Stimme fragte ihn
"Was bedrückt dich, Pilot. Möchtest du deinen Geist erleichtern?"
Galdriel folgte dem Priester und betrat die Beichtkammer. Verhalten, doch immer schneller flossen die schweren Gedanken aus ihm heraus und ließen ihn leicht wie einen Frühlingswind zurück. Er glaubte zu schweben, als der Priester ihm die Vergebung Gottes aussprach.
Wieder hüllte ihn das Murmeln der Betenden ein, und diesmal verband sich seine Stimme mit allen anderen. Dann berührte ihn erneut eine Hand an der Schulter, und er stand auf. Segensvolle Ruhe erfüllte ihn und er trieb noch in ihr, als sein Jäger in die Weiten des Alls entlassen wurde. Dann erfüllten die machtvollen Lieder des Sieges seinen Geist und er sah die Flotte der Frevler in ihrer ganzen Größe und dahinter den dunklen Umriss des Unheiligtums, das zu zerstören sie gekommen waren. Seine Gestalt verdunkelte die Sterne, wie es die Herzen der Menschen zerstörte und ihnen den wahren Glauben raubte und sie lachend der Verdammnis auslieferte.

Sein Glaube gewann den Kampf gegen die Verzweiflung und er stürzte sich zusammen mit seinen Brüdern in den Kampf. Sie stießen in die Flotte der Frevler wie ein flammender Speer und vor ihnen zerbrach die Linie der Feinde wie trockenes Laub unter Stahlsohlen. Nichts widerstand ihnen, bis sich ihnen plötzlich niemand mehr in den Weg stellte. Sie hingen irgendwo in den feindlichen Reihen, doch niemand griff sie an, sie fanden keine Ziele mehr. Er fuhr den Schub zurück und trieb an der Spitze des Angriffs weiter. Plötzlich verstummte die Musik im Cockpit. Stille hüllte sie ein. Nur noch das leise Knacken der abkühlenden Triebwerke war zu hören, und auch das ließ nach. Ein paar der Piloten hinter ihm brachen aus der Reihe aus, dann schallte andere Musik aus den Boxen. Wie Dämonen der Hölle brüllten rauhe Stimmen, dröhnten verzerrte Bässe, krachten Trommelschläge durch das Cockpit und ließen Galdriels Seele erbeben.
Im selben Moment tauchten fremde Schiffe in ihren Reihen auf und hielten blutige Ernte unter den Piloten. Bevor sie zurückschlagen konnten verschwanden die fremden Jäger, nur um an anderer Stelle wieder zu erscheinen und weitere Schiffe zu zerstören.
Es war kein Kampf, der sich abspielte, keine Ehre, nichts. Das hier war ein Gemetzel. Die Hälfte der Piloten hatten diese Welt verlassen, bevor der Erste der fremden Jäger getroffen wurde.
Erst als direkt vor ihm eines der fremden Schiffe erschien, erwachte er aus seiner Starre und aktivierte die Triebwerke, doch kein Mut war in ihm verblieben, und seine Schüsse gingen weit am Ziel vorbei. Bevor sein Feind ihn treffen konnte, verschwanden alle fremden Jäger wieder. Nur die Musik dröhnte noch in seinem Cockpit. Brutale Bässe, Klänge der Hölle, wie der Gesang des Teufels.
Dann waren die Reihen der Frevler nicht mehr offen. Von allen Seiten erkannte Galdriel Schiffe auf die Krieger der Kirche zielen. Vor ihm brach ein Schiff aus der Formation der Feinde aus, ein Gleiter, der weiße Gleiter, den er nicht hatte verfolgen dürfen, der nun seine wahre Gestalt zeigte, der von tausenden schwarzer Punkte übersät war, wo ihn das Feuer Gottes berührt hatte!
Nur Augenblicke später hatte er ihn im Visier, und auch der Gleiter hatte ihn entdeckt. Ein Schuss traf das Triebwerk des Jägers, ein zweiter erwischte eine der Steuereinheiten, und Galdriel taumelte nach rechts. Dann verstummte die Musik und er fand seine Ruhe wieder.
Vor ihm schwebte der Gleiter, feuerte, aber die Waffe war zu langsam, um ihn zu erwischen. Mühelos korrigierte er die Abweichung der Steuerung und hielt auf den Gleiter zu. Noch war er außer Reichweite, die Waffe des Jägers würde ihn nicht einmal ankratzen. Galdriel kam näher an sein Ziel heran, die Stille im Cockpit schien zu vibrieren, wie eine gespannte Saite und ein unhörbarer Klang erfüllte ihn. Noch ein paar Herzschläge. Die unendliche Sicherheit erfüllte ihn wieder. Kein Frevler konnten ihn treffen, denn sein Gott war mit ihm. Er spürte, wie die Spannung der Saite zunahm, wie sie jeden Moment reißen musste.
Dann brach der Gleiter zur Seite aus und floh. Versteinert beobachtete Galdriel, wie er sich entfernte und zum zweiten Mal zerbrach seine Sicherheit an diesem Tag.
Dass seine Triebwerke noch aktiv waren, bemerkte er erst, als sie aussetzten und der Treibstoff aufgebraucht war.
Der Computer zeigte ihm die anderen Krieger, ein kleiner Rest nur noch, was ein flammender Speer im Leib der Frevler sein sollte, doch sie formierten sich wieder und warfen ihre Feinde zurück, bis wieder Schiffe in ihren Reihen erschienen, und sie wie Schlangen aus dem Hinterhalt angriffen. Immer mehr Schiffe wurden zerstört, doch keine heilige Wut erfüllte Galdriel. Er sah still zu, wie seine Brüder zu Gott gingen, wie seine kleine Schwester vor sechs Jahren zu Gott gegangen war. Sie hatte im Wald gespielt und war von Wölfen angefallen und mit zerrissener Kehle liegengelassen worden. Die Hunde des Bischofs hatten sie später gefunden, und ihr Körper wurde der Erde übergeben und ihre Seele zu Gott geleitet.

Nur noch ein Zehntel der Jäger kämpfte, als ein Blitz weiße Nachbilder durch die Schwärze zog. Flammen des Zorns fielen über Gläubige und Frevler zugleich, verbrannten alle Kämpfenden zu Asche. Betäubt sah Galdriel wie die Flammen auf ihn zurasten, ihn jedoch nicht erreichten. Er war nicht mehr unter den Kämpfern, und das Feuer Gottes ließ in in der Welt der Lebenden zurück.

--

30 Sekunden - "EIne halbe Minute, dann ist das Helium im Tank. Dredo, läuft alles da unten?" "Keine Probleme. Zielerfassung und Geschütz online, Treiken." ...
25 Sekunden - "Li, wie ist die Lage?" "Kommunikation läuft, Scanner gestört, Sensoren gestört." ...
20 Sekunden - "Treiken, Die neusten TakNews direkt von den HD ... Gestörte Sensordaten im ganzen Bereich!" ...
15 Sekunden - "Tankstutzen zerrissen, Treiken. Die Zielerfassung meldet drei feindliche Objekte im Hangar. Eröffne das Feuer." ...
10 Sekunden - "Li, Hangartor auf!" "Keine Reaktion. Wir haben wieder Daten. Raus aus dem Schiff!" ...
5 Sekunden - "Dredo, automatisches Feuer! Raus hier!"

Sanfte Musik rann über die Gänge der Station. Leise und in sanftem Timbre sang eine Computerstimme: 'Wir bitten sie, ihre Karten abzugeben. Schalten sie die Handys aus und genießen sie den Aufenthalt.' Ohne nachzudenken zog Treiken seine Stationskarte aus der Tasche und legte sie in die Hand des Silberweißen Roboters. Als er die Hand berührte schwand jeglicher Glanz von seiner Außenhülle. Der schwarze Stahl dehnte sich aus, wurde breiter, richtete eine Waffe auf Treiken. Mit unmenschlicher Präzision blitzte die Waffe und traf sein rechtes Knie, das linke, seine Schultern, seine Brust. rotes Blut rann zu Boden und färbte sich Schwarz. Dann blitzte Schmerz zwischen seinen Augen auf. Grelles Licht strahlte ihm in die Augen und sein Schädel krachte.

"Aufwachen, Treiken. Wir leben." sagte Dredos Stimme, rauh und müde. Grelles Licht strahlte auf Treikens offene Augen, als das zweite Schott mit stählernem Krachen brach. Ruckartig richtete er sich auf und fiel zurück, als ihm Schwarz vor Augen wurde.
"Wir sind im Rettungsschiff, Treiken. Sobald die Hyperraumspulen geladen sind, kommen wir raus."

--

Wieder schloss sich Dunkelheit um Galdriels Schiff. Doch diesmal war es nicht die sanfte Dunkelheit, mit der eine Mutter ihren Sohn von den Schrecken der Nacht bewahrt, sondern ein schwarzer Schacht, der Galdriel tief in sein Inneres zog. Mit lautem Krachen rastete sein Jäger ein und sein Cockpit sprang auf. Betäubt und wankend stand er auf und kletterte aus dem Jäger, um in die Beichthalle zu kommen, doch noch bevor er das Hangartor des Schiffen erreicht hatte, unterbrach ein in reinstes, leuchtendes Weiß gekleideter Inquisitor seinen Weg. Galdriel blinzelte, als das grelle Leuchten der Robe ihn blendete, doch er wandte die zusammengekniffenen Augen nicht ab. Dann sprach der Inquisitor mit einer Stimme, die Galdriel durch Mark und Bein gehen sollte, ihm jedoch stattdessen wie Sand über die Haut rieb.
"Galdriel, Pilot und Jäger des Herrn, noch ist deine Aufgabe nicht beendet. Noch hat Gott dir eine weitere rolle zugedacht.
Kehre zurück. Es steht ein neuer Jäger für dich bereit. Du sollst die Frevler in ihrem Herzen treffen!"
Nachdem er geendet hatte, wandte sich der Inquisitor barsch um und verschwand durch das Tor ins Licht. Galdriel blieb verunsichert und kraftlos zurück.
Einen Schritt hinter den anderen setzend ging er zurück in die völlige Dunkelheit des Hangars, bis er auf aus einem der Jäger leise Musik herüberschallen hörte. Als er näher kam wurden die Klänge mächtiger, dann saß er im Cockpit eines Jägers und wurde aus der Schwärze des Hangars in die Schwärze des Alls geschossen. Im Cockpit schallten die Klänge de Sieges auf ihn ein, doch er konnte sich nicht von ihnen treiben lassen. Immer wieder erinnerte er sich an die Stille, als er alleine dahingetrieben war und an die zerfetzte Kehle seiner kleinen Schwester, die jetzt doch aus dem Himmel auf ihn herabsehen sollte.

Der Jäger schoss auf die Station der Frevler zu, die Außenwand, mit gräßlichsten Fratzen des Teufels in beschmiert, wuchs vor ihm in die Höhe, bis sie sein ganzes Sichtfeld einnahm, dann hörte er erneut die Stimme des Inquisitors, die in die Musik einfloss und nun mit der Kraft eines göttlichen Befehls in sein Herz drang:
"Unterstütze unsere Krieger, die sich in die Tiefen dieser Station des Teufels wagen. Vernichte alle Diener des Teufels, ihre Schiffe und jeden, der es wagt, Dich, ein Kind Gottes anzugreifen!"

Wie in einer Trance flog Galdriel über der Oberfläche, schoss auf Schiffe und Geschütze zugleich, und beobachtete die Station, die Fratzen, die ihm von jeder Außenwand entgegen starrten, und die Löcher wo die schweren Panzerplatten herausgerissen waren. Er sah die Dämonenbrut gegen schwarze Krieger kämpfen, die aus Kirchenschiffen strömten, sah Monster nicht die Kirchenschiffe angreifen, sondern aus ihnen hervorstürmen und Menschen und andere Wesen in den Gängen zerreißen.
Dann stoppte er seine Triebwerke. Mit einem Knopfdruck öffnete er einen Kanal zu seinem Mutterschiff:
"Kann dies der Weg Gottes sein? Ich sehe die Monster der Hölle aus unseren Schiffen quellen!" und unendliche Pein strömte durch seine Adern, als er seine eigenen Worte hörte und die Wahrheit darin erkannte.
Doch in diesem Moment zeigten seine Anzeigen einen Energieausbruch nahe seines Schiffes. Noch bevor die Antwort des Priesters kam wurden die Panzerplatten der Station abgesprengt und ein flacher, runder Transporter trieb langsam aus der Station heraus. Er hatte weder Triebwerke, noch Tore, seine Oberfläche war mit dem Bild des Sternenhimmels bemalt, und um sein Heck zeichnete Galdriels Sichtgerät schwarz-rote Kreise.
Er betrachtete das Schiff durch das Loch in der Stationswand treiben, während die Kreise immer breiter wurden. Dann erschallte erneut eine Stimme in seinem Cockpit.
"Pilot und Krieger Galdriel, Kämpfer für den wahren Glauben, Verteidiger der Göttlichen Ordnung, Es ist an der Zeit, dass du Gott die Tiefe Deines Glaubens beweist! Stoppe das Schiff der Flevler, die sie vor dem gerechten Zorn Gottes fliehen wollen! Verteidige die Göttliche Ordnung mit deinem Leben, auf dass Deiner Familie der Segen Gottes geschenkt werde! Deine Schwester sieht aus den Gefilden des Himmels zu Dir herab! Enttäusche sie nicht, und enttäusche nicht Gott! Dein Name wird auf ewig in Erinnerung bleiben, denn in diesem Schiff sitzen die größten Feinde des Lebens, die uns alle in Verdammnis reißen wollen! Gib Dein Leben für deine Brüder und Deine Göttliche Seele!"
Während die Worte in sein Wesen drangen, schwemmten neue Klänge über Galdriel hinweg. Dumpfe Trommeln und Choräle, der Klang der Glorie, des Sieges, des letzten Kampfes. Er startete seine Triebwerke erneut und richtete sein Ziel auf das dahintreibende Schiff. Während der Schub ihn zurückwarf spürte er wieder die Gewissheit in sich aufsteigen, und diesmal würde sie nicht zerbrechen! Ein Licht wie von tausend Sonnen erfüllte seine Seele, wurde heller und heller, als die Hülle des Schiffes näher kam, als sie sein Blickfeld ausfüllte, die Schwärze des Alls vor ihm, in seinem Herzen das gleißende Licht Gottes.
Galdriel, Krieger Gottes, umfasste harten Stahl und drehte den Schub auf die Grenze.
Vor ihm taten sich Lücken im Sternenfeld auf, reflektierendes Glas, durch das er Schemenhafte Wesen sah. Er hatte die Außenhülle fast erreicht, als ein Vibrieren durch den gesamten Raum lief und das Cockpit beben ließ, doch er hielt unbarmherzig Kurs, eine Klinge Gottes im Nacken der Frevler.
Dann verblasste der Schein der Anzeigen, der Raum krümmte sich und das Schiff vor ihm schien zu wabern, wie die Oberfläche eines Sees, dessen Glanz ein Stein durchbricht. Verwundert sah Galdriel durch das plötzlich völlig durchsichtige Fenster des Schiffes in menschliche Augen, von Schreck und dem Entsetzen des Todes geweitet. Er griff erneut nach der Steuerung, versuchte den Schub zu stoppen, doch bevor seine Finger sie erreichten schlug sein Jäger in die Hülle des Transporters ein.
Das Cockpit splitterte und die Luft wurde nach draußen gerissen. Dann zerschmetterte eine gebrochene Panzerscheibe Galdriels Schädelplatte.

--

Bange Minuten vergingen während denen Treiken Balar, Mjan Li und Dredo Gormano wie die anderen 315 Passagiere des Fluchtschffes auf die Anzeige der Hyperraumspule blickten, ein rot pulsierender Balken, der entsetzlich langsam stieg. Sie saßen zusammen gerückt und starrten auf die Bildschirme, oder aus den Luken, Dredo schlug immer wieder mit der Faust gegen die Stahllehne seines Stuhls, Li und Treiken saßen sich gegenüber und starrten sich unbewegt an. Ein paarmal flogen Schiffe über dem getarnten Hangar vorbei. Die ganze Zeit herrschte Stille. Nicht einmal der Pilot scherzte mehr, und Treiken fühlte sich, als hätte er vergessen, wie Humor klang, was Lachen überhaupt war.
Sie mussten untätig warten, während sie sahen, wie die Station Stück um Stück zerstört wurde, konnten nichts tun, während eine Sektion nach der anderen den Funkkontakt abbrach.

Dann war die Anzeige voll.

Mit lautem Krachen wurden die Panzerplatten über dem Hangar abgesprengt und das Fluchtschiff trieb nach draußen. Nur noch Sekunden trennten sie vor der Sicherheit des Hyperraums. Treiken atmete tief durch, nahm Li's Hand und blickte lächelnd aus dem Fenster.
'Wir sind weg von hier' wollte er sagen, doch seine Zunge war gelähmt, als er durch die Scheibe den Kirchenjäger auf sich zu rasen sah. Sein Lächeln gefror zu einer Maske. Dann murmelte Li:
"Wir sind tot."
Aus den Bordlautsprechern schallte die Stimme des Piloten.
"Ein Kirchenjäger ist auf Kollisionskurs. Ausweichen unmöglich. In 15 Sekunden schlägt er ein." Treiken blickte noch einmal Li an, dann zu Dredo hinüber, der erstarrt auf sienem Sitz saß, die Augen ins Nichts gerichtet. Keiner der Passagiere sagte etwas, wagte es die Stille zu durchbrechen, bis Li leise murmelte:
"Vielleicht bringt uns die Hyperraumspule weg, bevor er einschlägt."
Im nächsten Moment ging ein Beben durch das Schiff. EIn Funke Hoffnung wallte in Treiken auf, er sah, wie andere sich aufrichteten, aus dem Fenster sahen.
Der Jäger kam näher, kaum mehr Bruchteile von Sekunden blieben bis zum Einschlag. Dann waberte der Raum und für einen Moment sah Treiken das Gesicht eines Menschen im Cockpit. Ein Mann, fast noch ein Junge, seine Augen vor Entsetzen geweitet, sein Mund wie zum Schrei geöffnet.
Dann schlug der Jäger ein und die Bordbeleuchtung versagte.
Das Zischen der Luft, die ins Vakuum entwich war der einzige Ton, der bei der Station von dem Schiff blieb, und auch das wurde von der Leere des Raums verschluckt.

--

Millionen von Lichtjahren entfernt riss ein Loch im Raum auf und die Überreste eines Schiffes schossen heraus. Geborstene Panzerplatten, verschmorte Drähte und gefriergetrocknete Leichen waren alles, das von dem Fluchtschiff wieder in den Normalraum zurückkehrte.

Die Station, die sie so heftig verteidigt hatten, wurde eingenommen, doch ihr Widerstand gab Anderen die Zeit, tief im Inneren der Station die Daten des Hauptcomputers zu löschen und durch Falsche zu ersetzen.

Ihre Familien erfuhren nichts davon.
Nur die Familie Galdriels hörte nach vier Jahren von seinem Heldenhaften Tod in der Schlacht, und alle seine Brüder außer dem jüngsten, der noch nicht laufen konnte brachen auf, es ihm gleich zu tun, wie es ihnen als Geschwistern eines Helden zu stand.
Ein Jahr später wurde der kleinste im Wald von den Hunden des Bischofs zerrissen, wie schon seine Schwester ein Jahrzehnt zuvor.

zurück