→ Antwort auf „Gibt es Wunder? [1]“, den Streit der Woche in der Taz [2].
Um die Frage zu beantworten, ob es Wunder gibt, müssen wir erst beantworten, was der normale Gang der Welt ist, denn ein Wunder muss immer mindestens eine starke Abweichung vom realistisch zu erwartenden Ablauf von Ereignissen sein.
Solange die Kirche Wunder zur Legitimation des Glaubens nutzt, ist es damit für sie von Interesse, dass unser Wissen darüber, was alles möglich ist, möglichst begrenzt bleibt. Denn nur wenn es Ereignisse gibt, die wir als unmöglich betrachten, können sie „durch ein Wunder“ geschehen.
Die Kirche braucht also möglichst viele Ereignisse, die eigentlich möglich sind (wie auch immer), die aber allgemein als unmöglich betrachtet werden.
Wer etwas Schönes wahrnimmt, das er für unmöglich gehalten hat, kann das als Gott interpretieren. Wenn er aber weiß, dass die Wahrnehmung völlig normal ist, wird er sie kaum als Wunder interpretieren, sondern einfach nur als wunderschön.
Das heißt, für jedes Wunder braucht es Unwissen. Solange es großes Unwissen gibt, wird es Wunder geben. Einer auf Wunder bauenden Kirche ist es damit ein zentrales Interesse, die wissenschaftliche Untersuchung der Grundlage von „Wundern“ zu verhindern.
Denn ein Wunder, das wir als Naturgesetz verstehen, ist kein Wunder im Sinne der Kirche mehr und kann nicht missbraucht werden, um eine Machstruktur zu rechtfertigen.
Und ein Wissenschaftler, der bei einem Bericht eines „Wunders“ antwortet „das ist völlig unmöglich“, spielt diesem Missbrauch des Unwissens in die Hände.
Links:
[1] http://www.taz.de/1/debatte/sonntazstreit/artikel/1/gibt-es-wunder/
[2] http://taz.de