→ Antwort auf den Kommentar „nicht alles kopiert“ zum Artikel Gauck zu digitaler Gesellschaft in der Taz
@grafkoks2002: Erstens darf der Autor des Artikels nicht komplett zitieren. Ist urheberrechtlich verboten. (was ich davon halte)
Zweitens wird das Vorwort leider nicht besser, wenn man es ganz liest.
„Das weltweite Internet bietet alle Voraussetzungen, um die in den ersten zehn Artikeln unserer Verfassung verankerten Grundrechte aller Bürger in diesem Land auszuhöhlen. Dies gilt insbesondere für das Recht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit in Artikel Fünf – eine wesentliche Grundlage unserer funktionierenden Demokratie – und es gilt letztlich auch für den Kernsatz unserer Verfassung, den Artikel Eins des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
— Joachim Gauck im Vorwort der „Milieu-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet“ vom „Deutsche[n] Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet“ (Divsi)
Er redet über Datenschutz als ein Problem, kommt dann aber schnell darauf, dass das Internet ein Problem für das Recht auf freie Meinungsäußerung ist.
Nur ist das leider weder begründet, noch irgendwie motiviert.
Erst Pseudo-Intellektuelle Sprachkritik. Machen wir die Aussagen mal konkret: „Datenschützer haben in unserer Sprache einen viel zu guten Namen.“ Anders gesagt: Er findet, wir sollten abschätziger über die Leute reden, die es wagen, sich zum Schutz unserer Privatsphäre mit Großkonzernen anzulegen.
Danach geht er gleich gegen das ganze Internet. Ist ja nicht so, als würde er keine saubere Argumentationslinie beherrschen. Erst Angst schüren und diejenigen unterschwellig angreifen, die das Internet für uns sicherer machen. Dann das Internet als ganzes angreifen.
Und schlussendlich auch mal das Wort Menschenwürde benutzen. Vielleicht hat er ja mitbekommen, dass manche Leute nicht so glücklich darüber sind, dass er Freiheit über Menschenwürde stellt. Also bedroht das Internet die Menschenwürde. Denn wenn er davor warnt, dass die Menschenwürde bedroht ist, zeigt das ja, dass er ein Freund der Menschenwürde ist.
Aber zum Glück findet er gleich wieder zur Freiheit zurück. Die durch das Internet bedroht ist.
Auch interessant: In der Studie sind unter den Digital Natives keine Leute, die Datenschutz fordern. Die werden den Digital Immigrants zugerechnet. Also zum Beispiel Leute von der Electronic Frontier Foundation oder der Free Software Foundation.
Waren das nicht diejenigen, die das Internet wie es heute ist mitgestaltet haben?
Dass hier diejenigen, die die Risiken des Internets kennen, als diejenigen angesehen werden, die weniger im Internet zu Hause sind, spricht für eine bestimmte Sicht des Internets. Genau wie die Interpretation der Fragen:
„Anbieter und Dienstleister im Internet sollten verpflichtet werden, die Haftung für Schäden zu übernehmen.“
wird gedeutet als
„Aktive Sicherheitsorientierung aufgrund von Misstrauen und Gefühl der Bedrohung.“
Es könnte aber schlicht und einfach auch ein Erfahrungswert sein, der sich mit einem langen Leben im und mit dem Netz einstellt - und daher ein Indikator für Erfahrung mit dem Internet. Die Unterscheidung in Natives und Immigrants ist daher seltsam und wirkt auf mich gewollt.
Alles in allem klingt was Gauck sagt nach einem weiteren üblen Fehlgriff. Er zeigt zwar wieder, dass er eine Argumentationslinie aufbauen kann. Aber es klingt wie eine geschickte Predigt gegen das Internet und nicht wie ein informiertes Vorwort zu einer Studie über das Internet.
Die Leute in Misskredit bringen, die das Internet sicherer machen wollen. Dann vor dem Internet warnen, das angeblich die Grundrechte in Deutschland bedroht. Zum Beispiel das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Huh? Genau das Recht gibt mir das Internet erst. Wie sonst könnte ich hier Gaucks Aussagen kritisieren? Vor dem Internet hätte ich diesen Kommentar für viel Geld drucken müssen. Heute kann ich ihn einfach schreiben.
Aber gut: Diejenigen, die viel Geld haben, oder deren Worte in Kirchenblättern oder von der Kanzel verbreitet werden - oder als Vorwort von Studien zum Internet - haben durch das Internet vielleicht nicht viel mehr Möglichkeiten zur freien Meinungsäußerung. Sie müssen sich dieses Recht jetzt mit all den normalen Leuten im Land teilen. Was heißt, dass sie sogar für ihre Aussagen kritisiert werden können.
Aber schließlich heißt es nicht „Monopol auf freie Meinungsäußerung“, sondern „Grundrecht auf freie Meinungsäußerung“. Das steht allen zu. Und das haben wir erst durch das Internet wirklich erreicht. Denn dank dem Internet kann heute JedeR JedeN erreichen, wenn die Information nur interessant genug ist. Egal ob das Gauck passt oder nicht. (solange wir die Pläne zur Zensur des „gefährlichen“ Internets stoppen können)
Gauck polemisiert also mit geschickten Worten gegen das Internet und geht sogar so weit, es als Bedrohung unserer Grundrechte zu bezeichnen. Und da wundert er sich, dass viele Leute ihn nicht als ihren Bundespräsidenten wollen.
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