Diese Frage wollte ich im CSI auf der Podiumsdiskussion mit Sven Giegold über Chancen zivilgesellschaftlicher Einflussnahme im Finanzsektor [1] stellen, aber ich habe sie nicht so klar formuliert bekommen, wie ich das wollte. Daher hole ich das hier nach.
Prof Anheier [2] hat auf der Podiumsdiskussion bereits angerissen, dass uns in der Wirtschaft positive Visionen fehlen, so dass Mobilisierung schwierig ist.
Die einfache Frage, die sich mir daraufhin gestellt hat ist: „Was für eine Wirtschaft wollen wir eigentlich?“
Das heißt, welche Strukturierung hätten wir für unsere Wirtschaft gerne, um für die Bürger in Deutschland und der EU (und darüber hinaus) möglichst nützlich zu sein?
Ich habe ein paar vereinfachte Möglichkeiten gesammelt, mit denen diese Frage beantwortet werden kann, absteigend sortiert nach dem Grad an Hierarchie in der Struktur:
Eine einzige Firma, für die alle Bürger arbeiten (Konzernstaat, Beamtenstaat oder der „Kommunismus“, den wir in Russland hatten).
Ein paar wenige große Firmen und viele Angestellte.
Viele kleine Mittelständler, meist mit unter 20 Angestellten, die zeitweise kooperieren, um Großprojekte zu stemmen.
Fast nur Selbstständige, die sich ihre Projekte selbst suchen und in immer wieder wechselnden Konstellationen kooperieren, um Projekte zu verwirklichen (so funktioniert die Entwicklung freier Software teilweise (zusammen mit vielen Mittelständlern), denn niemand kann jemand anderen kontrollieren. Die Rolle des Staates wird dabei von der GPL übernommen (GNU General Public License [3]), die festlegt, dass niemand Kontrolle über jemand anderen hat. Wer andere überzeugen kann, mitzumachen, kann viel erreichen).
Aktuell geht es in Richtung weniger großer Firmen (2.), da immer mehr kleine Mittelständler von großen Firmen verdrängt werden.
Die Frage ist nun: Welche Art Wirtschaft wollen wir? Oder genauer, um direkt Dich als Leser anzusprechen (denn um Dich geht es dabei auch): Welche Art Wirtschaft willst Du?
Von der Frage können wir dann ableiten, was die Aufgabe des Staates sein sollte.
Wenn er gar nicht reguliert, kommen wir irgendwann an Punkt 1. Denn dann wird irgendwann eine Firma alle anderen verdrängen, indem sie einfach ihre Resourcen nutzt, um eine kleinere Firma nach der anderen auszuhungern (d.h. Verluste in Kauf nimmt, dafür aber alle Waren billiger anbietet als die Konkurrenz, so dass lange genug weniger Leute bei der Konkurrenz kaufen, dass die Konkurrenz pleite geht – um danach die Preise anzuziehen, schließlich gibt es dann keine Alternative mehr).
Und glaub nicht, dass der Staat heute nicht in eine bestimmte Richtung reguliert. Dass ein Millionär hierzulande 36% Abgaben zahlt, ein Durchschnittsverdiener aber 52% und ein Geringverdiener 47,3%1 sagt schon einiges darüber aus, welche Wirtschaft die aktuell Herrschenden wollen, auch wenn sie es nicht sagen.
Daher müssen wir wissen, welche Wirtschaft wir eigentlich wollen. Wollen wir den Konzernstaat, wenige riesige Konzerne, viele Mittelständler oder hauptsächlich Selbstständige? Oder etwas ganz anderes, das ich hier vergessen habe?
Der Reiche als der ausgebeutete Gutmensch und der Arme als Schmarotzer [4] und Deutsche Geringverdiener tragen höchste Last [5]. Für Reiche gilt die Bemessungsgrenze… ↩
Links:
[1] http://www.uni-heidelberg.de/presse/meldungen/2010/m20101019_einflussnahme.html
[2] http://www.soz.uni-heidelberg.de/Prof_Dr_Helmut_Anheier/820,612,0,0,1.html
[3] http://gnu.org/licenses/gpl.html
[4] http://www.nachdenkseiten.de/?p=6433
[5] http://www.welt.de/finanzen/article3723322/Deutsche-Geringverdiener-tragen-hoechste-Last.html