→ In Wer am Lautesten schreit, kriegt Recht [1] im Filterblog [2] schreibt Jan, dass die Polizei die Aufgabe hat, den Willen der Regierung durchzusetzen, zur Not auch gegen die Mehrheit der Bürger. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass in einer Demokratie die Legitimation politischen Handelns nur von den Bürgern kommt.
Die Polizeigewalt war in Stuttgart 21 nicht das letzte Mittel, sondern sie wurde genutzt, statt erneut demokratisch/politisch zu prüfen, ob die Planungen wirklich noch legitim sind. Also ob die Mehrheit sie wirklich noch will.
Und in dem Sinn kann die Aussage
“Fehlende politische Überzeugungskraft kann nicht durch polizeiliches Handeln kompensiert werden.”
auch verstanden werden als
„Die Polizei sollte nicht vorgeschickt werden, um Meinungen durchzuprügeln, die ein Großteil der Leute nicht will.“
Am Ende ist nämlich der Staat von den Bürgern eingesetzt, um Aufgaben zu übernehmen, die ohne größere Organisationsform nicht im Sinne der Bürger zu bewältigen sind. Und damit sollte er dem Willen der Bürger entsprechen, nicht umgekehrt.
Die Polizei setzt indirekt den Willen der Bürger durch. Wenn die Politiker diesem Willen nicht mehr entsprechen (weil der Großteil der Bürger nicht will, was die Politiker machen), dann verliert die Aktion der Polizei ihre Demokratische Legitimation.
Den Willen des Staates gegen die Mehrheit durchzusetzen ist nur in Diktaturen die Aufgabe der Polizei. In einer Demokratie („Herrschaft des Volkes“ – in unserem System: „Herrschaft der Mehrheit“) eben nicht.
Daher heißt es nicht, „wer am lautesten schreit hat Recht“, sondern „wenn der Großteil der Bürger seine Meinung zu einem Vorhaben ändert, sollte die Regierung das Vorhaben erneut prüfen und es nicht mit Polizeigewalt durchprügeln“.
Und demonstrieren ist dabei ein legitimes Mittel, um die Meinung der Mehrheit zu beeinflussen.
Gut, am Ende kann herauskommen, das trotzdem die Mehrheit für das Projekt ist (und dafür, es mit Gewalt durchzusetzen – erinnere dich daran, dass auch die notwendigen Mittel Teil der Entscheidung sind!), und dann muss die Polizei auch Gewalt anwenden. Aber ich sehe in unserer Bevölkerung keine Mehrheit dafür, für Stuttgart 21 Rentner und Kinder von der Polizei verprügeln zu lassen.1
Was auch legitim ist, denn wann wurde beschlossen, dass man seine Meinung nicht ändern darf, wenn der für eine bestimmte Handlung zu zahlende Preis sich als viel höher herausstellt als man dachte (dass man Kinder verprügeln muss ist ein höherer Preis, als dass man nur ein paar Milliarden Euro verschleudern muss)?
Und wenn es für das Durchprügeln keine Mehrheit gibt, es aber notwendig wäre, dann sollte das Projekt abgeblasen werden.
Die notwendigen Mittel müssen Teil der Entscheidung sein.
Im Gegensatz übrigens zur Bekämpfung von schweren Verbrechen. Natürlich ist die Mehrheit dafür, dass die Polizei Gewalt gegen einen Mörder anwenden darf (und soll!), um ihn aufzuhalten. Aber es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen Gewaltanwendung der Polizei gegen Mörder und Gewaltanwendung der Polizei gegen friedlich demonstrierende Bürger. ↩
Links:
[1] http://blog.jan-filter.de/2010/10/11/wer-am-lautesten-schreit-kriegt-recht/
[2] http://blog.jan-filter.de/