Interpretation des Abstimmungsverhaltens von Herrn Bütikofer und Frau Trüpel zu Gallo

11k2 hat in seinem Blog gefragt, was wir davon halten, dass Helga Trüpel und Reinhard Bütikofer gegen ihre Fraktion für Gallo gestimmt haben.

Was ich davon halte ist einfach: 8 haben dagegen gestimmt, 2 dafür. Die zwei haben sich zu erklären, und zwar ihren Wählern und ihrer Fraktion.

Helga Trüpel hat das getan und dabei gezeigt, dass sie wenig Ahnung davon hat, wie die sozialen Strukturen im Internet funktionieren und was Urheberrechte dort anrichten, ohne den Urhebern wirklich einen Nutzen zu bringen. Ich habe ihr das öffentlich geschrieben1.

Reinhard Bütikofer hat es nichtmal für nötig befunden, sich zu erklären. Daher habe ich ihm einerseits geschrieben, dass er seinen Fraktion und seinen Wählern geschadet hat und dass er mehr über die Folgen seiner Entscheidungen nachdenken und im Zweifelsfall seinen internetaffineren Fraktionskollegen vertrauen soll2 und ihn andererseits auf Abgeordnetenwatch aufgefordert, sich zu erklären3.

Das interessante für mich: Mein tweet zu dem offenen Brief wurde viel weitergeben, auch von Grünen4, und eine Antwort auf den Brief war:

@ArneBab Hi Arne, dein Brief an @bueti ist angemessen in Ton und Inhalt […] – Wolfgang G. Wettach, Vorstand Grüne Tübingen“

Was die Abstimmung für mich deutlich zeigt:

  1. Wie schon bei anderen Abstimmungen hat ein gutes Drittel der Grünen wenig Ahnung vom Internet.
  2. Im Gegensatz zu den meisten anderen Abgeordneten stimmen Grüne nicht nur nach Parteilinie ab, sondern nach dem, was sie für richtig halten (auch wenn sie damit falsch liegen).

Ein Abdriften nach Rechts sehe ich da also nicht, sondern eher, dass das Drittel der Grünen-Politiker, das keine Ahnung vom Internet hat, leider immernoch nichts dazugelernt hat (ich lasse mich da gerne eines besseren belehren). Bei der Zensur haben sie sich enthalten (und argumentiert, dass nur die Zustimmungszahlen zählen, was soweit ich es mitbekommen habe, sogar richtig war, so dass in dem Fall Enthaltung=Ablehnung war). In der jetzigen Abstimmung haben zwei dafür gestimmt. Und wenn wir uns die Begründung von Helga Trüpel ansehen, klingt es schwer danach, als wären Lobbyisten an sie herangetreten (was bei Gallo anscheinend sehr aggressiv geschehen ist5) und hätten sie davon überzeugt so zu stimmen, denn es ist doch seltsam, wenn nur der Leiter und die stellvertretende Leiterin der Fraktion gegen ihre Fraktion stimmen und die stellvertretende Leiterin danach Verbände von Kreativen als Unterstützer nennt. Zitat: „hat die Unterstützung von zahlreichen Künstlerverbänden (u.a. FERA, EWC, FSE, FIM, ECA, SSA) und namhaften Künstlern wie den Regisseuren…“.

Um mal beispielhaft den EWC zu zitieren (weil die anderen alle nicht in den ersten Suchergebnissen von Google waren): Die Ziele des EWC sind „promoting awareness of issues such as copyright protection, licensing agreements, fair remuneration for authors, and the importance of individual creativity“. Anders gesagt: Der von Frau Trüpel genannte EWC ist eine europäische Lobbyorganisation für ein aggressiveres Urheberrecht.

Frau Trüpel hat daher vermutlich Lobbyisten mehr vertraut als ihrer eigenen Fraktion. Die Grünen haben zu dem Thema also offensichtlich einigen internen Diskussionsbedarf.

Die Statistiken auf votewatch zeigen, dass sowohl Bütikofer als auch Trüpel meist mit ihrer Fraktion stimmen67, d.h. ich vermute, dass sie Lobbyisten richtig auf den Leim gegangen sind und deswegen bei dem Thema wirklich glauben, dass ihre Fraktion unrecht hat. Ich hoffe entsprechend, dass die anderen Grünen die beiden entweder überzeugen können, dass sie sich einen Bären haben aufbinden lassen, oder sie aus der Leitung der EU-Gruppe nehmen. Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, nicht ihrer Partei, und manchmal braucht das Gewissen etwas Nachhilfe, bevor es erkennt, was richtig und was falsch ist – und wo Leute versuchen, es hinters Licht zu führen.

Was ich als Konsequenz ziehe: Ich habe mir gerade Informationen zu einem Parteieintritt bei den Grünen schicken lassen8. Die Grünen vertreten mich fast überall sehr gut. Was Internet angeht brauchen aber offensichtlich einige von ihnen noch Nachhilfe, und ich denke, dass sie von innen sehr viel leichter zu erreichen sind als von außen. Und falls nicht, dann gehört das auf die Liste der Nachhilfethemen, denn die Grünen haben mit einem ähnlichen Fokus auf parteiinterner Demokratie angefangen wie die Piraten, und wenn dieses Ziel in der Realpolitik verwässert wurde, muss sich das wieder ändern, denn Parteien bleiben dann stark, wenn sie ihren Visionen treu bleiben, auch wenn das manchmal schwer ist. Sie können, was das Miteinander im Internet angeht, von den Piraten einiges lernen, und bei den Grünen ein System aufzusetzen, das dieses Miteinander ermöglicht, hat gesellschaftlich nochmal viel mehr Sprengkraft als bei den Piraten, weil es wegen der 30% nicht-internetaffinen bei den Grünen auch für Normalleute direkt nutzbar sein muss – und wenn es klappen sollte, auch genutzt werden wird.

Eine andere Frage, die sich dadurch aufdrängt ist, welche weiteren Wege es gibt, um zu verhindern, dass so etwas nochmal passiert. Es darf nicht sein, dass Lobbyisten unsere Politiker gezielt anlügen und damit auch noch durchkommen. Wenn ihr Ideen dazu habt, schreibt bitte einen Kommentar. (wegen viel Spam schalte ich die Kommentare von Hand frei, es kann daher leider etwas dauern, bis der Kommentar hier auftaucht)

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