→ Leserbrief zum Artikel Piraten auf dem tazlab 2012 in der taz.
Ich denke, ein ganz wichtiger Punkt, der für die Piraten spricht, ist dass sie als einzige wirklich gemeinsam hinter Computer und Internet als Lebensraum stehen (interessante Lektüre dazu: Wir, die Netz-Kinder (kopie)).
Außerdem sind sie die einzigen, die offen sagen, dass es in Ordnung ist, was heute die meisten Jugendlichen (und auch die meisten älteren) machen: Medien nutzen und nur für die Guten zahlen.1
Wenn eine Grünen-Politikerin Spiele verbieten und Seiten zensieren will, ist ihr damit vermutlich nicht klar, dass das für Leute, die mit dem Internet leben (statt es nur zu benutzen) gleichbedeutend ist mit dem Verbot von Büchern und der Überwachung ihrer Privatgespräche.
Bei den Piraten ist das (fast?) allen klar und damit können sie als einzige geschlossen eine Generation ansprechen, für die die Gefahr, wegen einem im Netz gefundenen Video verklagt zu werden, weitaus akuter ist als die Gefahr, von schlechtem Essen krank zu werden. Es passiert nämlich häufiger und die langfristigen Folgen sind meist schlimmer.
Beispiel: Keine der etablierten Parteien hat es kritisch begleitet, dass Megaupload dicht gemacht wurde. Zwei Tage später wollte ich an ein neues, legales System für mein Handy. Und wo war das gespeichert? Genau: Auf Megaupload. Keine Chance, da ran zu kommen. Für den ach so wichtigen Kampf gegen die ach so schädlichen Urheberrechtsverletzungen (die sich immer wieder als für die Firmen unschädlich erwiesen haben) wurde die Datei vernichtet, die ich brauchte.
Beispiel: Die etablierten Parteien haben alle zusammen einen Bundespräsidenten gewählt, der das Netz als Gefahr für die Redefreiheit bezeichnet. Das ist, als würden sie den Buchdruck als Gefahr für die Redefreiheit bezeichnen. Die wirkliche Gefahr für die Redefreiheit sind aber Zensur und Überwachung des Netzes. Und gegen die sprechen nur die Piraten und die Grünen (und bei den Grünen leider nicht alle). (EDIT: Hier stand etablierte Piraten statt etablierte Parteien. War wohl ein Freudscher…)
Beispiel: Alle Medien berichten über das kriminelle System kino.to2. Niemand spricht davon, dass kino.to Millionen Besucher hatte, dass also mit dem Offline-Nehmen von kino.to diesen Millionen von Menschen eine Plattform genommen wurde, über die sie ihre kulturellen Bedürfnisse erfüllt haben.3
Ich bitte die Größenordnung zu beachten: Millionen. Hier wurde einer ganzen Generation die Quelle für kulturelle Beteiligung genommen.
Und wenn die Grünen das nicht als Problem erkennen, müssen sie sich nicht wundern, wenn sie nicht so populär sind. Egal, was die Piraten sonst an Fehlern haben. UPDATE: Einige Grüne sehen das deutlich. Beispiel: Jörg Rupp.
Die Analogie dazu wären massenhaft geschlossene Parks, Jugendtreffs und Sportplätze. Nur dass kino.to den Staat im Gegensatz zu anderen kulturellen Einrichtungen keinen Cent gekostet hat… und niemandem schadet, sondern im Gegenteil wahrscheinlich die Einnahmen der Kulturschaffenden um 50% steigert.4
Es ist ein Kampf um Kontrolle und selbstbestimmtes Leben. Und nur die Piraten sagen offen, was fast allen im Netz klar ist: Dass das aktuelle Urheberrechtssystem ein selbstbestimmtes, offenes und kreatives Leben im Netz fast unmöglich macht. Und dass das Netz ein echter Lebensraum ist, genau wie der Stadtpark und der Jugendtreff. Aber immer da.
Nein, das ist nicht alles, was die Piraten ausmacht. Aber es ist ein klares Alleinstellungsmerkmal. Es ist nicht nur eine weitergedachte Grüne Idee (wie Liquid Democracy), sondern eine wirklich aus der Lebenswelt der Menschen kommende Sichtweise. ↩
Ja, kino.to war illegal. Ja, ich habe es seit Jahren kritisiert, dass Leute sich von fremdkontrollierten Streaming-Plattformen abhängig machen. Aber: Wären die gleichberechtigt arbeitenden, dezentralen p2p-Netze nicht so massiv angegriffen worden, hätten diese fremdbestimmten Plattformen nie so eine Verbreitung erlangt. Auch das hat sich keine Partei zu kritisieren gewagt. ↩
Vom Selbstverständnis der Parteien her wäre es eigentlich die Aufgabe der Linken, zu kritisieren, dass hier ein Herrschaftsanspruch gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt wird. Sagt auch was über die Linke aus, dass sie nicht in der Lage sind, das einfach offen zu sagen. @Linke: Wird Zeit, dass ihr das ändert! ↩
Tauschbörsennutzer geben fast 50% mehr Geld für Musik aus — gezeigt von der Industrienahen NPDGroup (Marktforscher, nicht die Partei). ↩
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