Gensklaven

Heute habe ich wieder an die Kinder gedacht, die meine Verlobte und ich uns wünschen und auch an die Familie, die wir eines Tages sein wollen und ich habe wieder erkannt, dass wir Menschen verdammte Gensklaven sind, und dabei habe ich glücklich gelächelt, der beste Beleg für die Theorie.

Vor vielen hundert Millionen Jahren ist das genetische Programm entstanden, das sagt, dass Wesen sich vermehren wollen, um ihre Gene weiterzugeben, weil Gencode der das nicht bewirkt auch nicht weitergegeben wird, also jeder weitergegebene heutige Code diese Muster enthält. und die Muster hatten hunderte von Millionen von Jahren um sich zu perfektionieren.

Unsere Gene schaffen Egoismus und Altruismus, und sie legen mit der Genetisch verwandten Familiengruppe den Grundstock unserer Gesellschaft.

Der Egoismus ist es, der das Gen direkt weiterbringt.
Ich überlebe und Ich kriege die Frau bzw. den Mann, und Meine Gene kommen weiter.

Altruismus bringt weniger direkte Vorteile, doch die Effizienz der Gene muss sich gegen eine komplexe Welt beweisen, nicht gegen irgendwelche simplen Modelle. Und in dieser Komplexen Welt bringt der Schutz der Nächsten im Familienverband die eigenen Gene bei genügend großen Familien stärker voran als der Selbstschutz.

In einem drastischen Beispiel: Habe ich die Chance selbst zu sterben oder drei Geschwister sterben zu lassen, ist es für meine Gene besser, wenn ich sterbe.

Jedes meiner Geschwister hat nämlich durchschnittlich zur Hälfte die gleichen Gene wie ich. Also haben 3 Geschwister durchschnittlich eineinhalb mal meine Gene. Bei meinem Tod geht also weniger von meinem eigenen Genmaterial verloren, als beim Tod von drei Geschwistern. (Natürlich sollten die dabei genauso effizientes Wissen haben, wie ich, was im Familienverband recht wahrscheinlich ist. Das lässt aber auch den Antrieb verstehen, der dem in Literatur recht bekannten Ausspruch führt: "Du wirst dieser Familie Ehre machen. Lass mich zumindest durch meinen Tod etwas bewegen!")

Gene, die dieses Verhalten fördern, werden also stärker verbreitet als Andere, also verdrängen sie wohl irgendwann die Anderen, bzw. haben es bereits zu einem Gutteil getan. Das bringt den Genen natürlich nur im Familienverband wirkliche etwas, genau wie auch einige andere Vorteile (und Menschen haben nicht immer im Familienverband gelebt, also ist es nur verständlich, dass Altruismus den Egoismus noch nicht verdrängt hat).

Der Schutz von Kindern nutzt nur, wenn er auch den eigenen Kindern hilft (zum Beispiel wenn alle Kinder der Familie gemeinsam leben), und zwar mindestens zweien, ansonsten nimmt das Genmaterial das von Mir stammt im Verhältnis zur Bevölkerung ab (bei starkem Bevölkerungswachstum reichen schon zwei nicht aus). Aber neues Genmaterial im Familienverband mit eigenem nutzt dem eigenen (in der nächsten Generation), daher ist wohl das Kindchenschema bei allen Menschen verbreitet.

Selbst die Freude daran, wenn Andere mit meiner Hilfe vorankommen, kann teilweise darauf zurückgeführt werden, weil im Familienverband fast nur Verwandte leben.

Doch das ist wohl das Beispiel an dem am deutlichsten sichtbar wird, dass wir heute die Wahl haben, wie wir uns entscheiden können, denn es gibt viele Menschen, die Anderen nicht helfen, und die die Freude, die das Helfen bringt, völlig ignorieren.

Und dummerweise kommen solche Leute heute in der Gesellschaft oft nach oben.

Aber auch die haben sich lange nicht von ihrem genetischen Programm verabschiedet, sondern leben nur einen kleinen Teil davon, und zwar oft ohne darüber nachzudenken, also als wahre Gensklaven. Dabei lassen sie allerdings all das beiseite, was die Bildung unserer auf Gemeinschaftlichkeit gegründeten Gesellschaftsformen gefördert hat, und sie verabschieden sich von jeglichen langfristigen Überlegungen, die über diese und die direkt nachfolgende Generation hinausreichen; eine Kurzsichtigkeit, die nichtmal unser Gencode an den Tag legt.

Sie zeigen das Verhalten, das nur einer sehr kleinen Gruppe nutzt, ihre Umgebung und damit auch Sie aber langfristig zerstört, und das ist ein Verhalten, das ansonsten nur in extrem primitiven Systemen und bei Schmarotzern funktioniert, und das heute sowohl bei Kleinkriminellen als auch bei Wirtschaftsbossen oft zu finden ist.

Und es zerstört die Gesellschaft.

Es gibt aber auch viele Andere, die anders denken, die unsere Gesellschaft erhalten wollen. Das ist zum Beispiel der Ursprung fast jeder Genossenschaft und auch der Gewerkschaften, vieler Bürgerinitiativen und kommunaler Einrichtungen. eigentlich lebt unser gesamter Staat davon, dass Leute weitergedacht haben, und dass sie nicht blind den primitivsten Teilen ihres Genprogrammes gefolgt sind, sondern weitergedacht haben (wofür hätten wir sonst ein denkfähiges Gehirn, und wieso bringt uns wohl das Verstehen soviel Freude?), denn auch wenn unsere Gene die Grundlage unserer Antriebe und damit unserer Handlungen bilden, und obwohl sie einiges an Motivations- und Belohnungssystemen enthalten, zum Beispiel das Kollektive Seufzen beim Anblick von Kinderaugen, haben wir die Wahl, welchen Antrieben wir folgen, auch wenn ein vollkommender Verzicht auf von unseren genetischen Muster geförderte Handlungen uns der genetischen (also vom Körper ausgeschütteten) Belohnungen beraubt und damit unsere Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann (weswegen sicherlich manche Drogen nehmen, um das zu kompensieren).

Wobei solch ein Leben für mich auch noch schwer vorstellbar ist: Leben ohne etwas zu erschaffen (abgewandeltes Brunft-Verhalten: mögliche Partner beeindrucken), ohne für sich selbst immer mehr zu bekommen (Egoismus), ohne anderen zu helfen (Altruismus), ohne Familie, ohne denken, ohne ein höheres Ziel (das wieder indirekt auf genetisch gefördertes Verhalten zurückgeführt werden kann), Selbst Mönche, die sich zurückziehen, folgen ihrem genetischen Programm, denn sie glauben oft, der gesamten Menschheit zu helfen, und wer sich selbst kasteit, um seine Sünden zu sühnen, folgt dem Code noch viel stärker, denn für unsere Gene ist es gut, wenn alle, die der Gesellschaft geschadet haben, schon von selbst gehen: Dann werden ihre Gene (von ihrer Familie) stärker weitergegeben, als würden sie bleiben, weil sie keinen weiteren Schaden verursachen.

Soviel auch zum Ehrenkodex.

Dass damit fast alles, das von Menschen als attraktiv angesehen wird, von unserem genetischen Programm abgedeckt wird, ist wenig verwunderlich, kann aber mit Staunen über die Komplexität selbst auf der Oberfläche so einfacher Systeme wie unserer Gene betrachtet werden.

Allerdings folgt nicht jeder Mensch den gleichen Antrieben, und oft ändern sich während seinem Leben die Antriebe, denen er folgt, mehrfach, ohne dass sich vorher seine Lebenssituation merklich geändert hätte, so dass also seine Gene nicht (alleine) für diese Veränderungen verantwortlich sein können.

Und hier kommt jetzt ein zweites System dazu, das ich einfach mal als „Ideen“ bezeichne (der wissenschaftliche Name ist „meme“).

Während unsere Gene unser ganzes Leben lang (größtenteils) gleich bleiben, und selbst Einflüsse sich wohl nur grob unserer Lebenssituation anpassen können (sind wir erwachsen? Haben wir eine/n PartnerIn? Haben wir schon Kinder? Sind die noch klein? Sind wir noch Zeugungsfähig? Sind wir größtenteils gesund?) können unsere Handlungen sich schon aufgrund eines einzigen Gesprächs verändern (beide Systeme verzahnt), in dem sich beispielsweise unsere Einstellung zum Leben, unsere Pläne und Wünsche für die Zukunft oder unsere Ansichten zu unserer Gesellschaft geändert haben.

Obwohl wir wohl weiterhin in unserem genetischen Programm leben werden, weil es sich einfach besser anfühlt nicht gegen, sondern mit dem eigenen Körper zu leben, kann sich der Antrieb, dem wir uns zu folgen entscheiden, wenn wir eine neue Idee kennenlernen, sehr schnell ändern.

Und je nachdem wieviel Nutzen diese Idee den Menschen kurz- mittel- und langfristig bringt, und wie stark sie verbreitet wird, wird sie sich weiter verbreiten und halten, oder von einer Anderen ersetzt werden.

Ein Beispiel für sehr langlebige Ideen sind unsere Religionen, die aber auch sehr schnell den freien Ideenfluss eingeschränkt haben, da sich Ideen wie Gene zur Wehr setzen müssen, um erhalten zu bleiben und verbreitet zu werden (auch gegen Teils bessere Ideen), die aber auch Ideen von allen möglichen Quellen integriert haben, so wie es für unsere Gene nützlich ist, immer mal wieder fremdes Genmaterial in das Programm zu übernehmen um Inzucht zu vermeiden und sehr effiziente Teile dazuzugewinnen.

Allerdings sind die Ideen nicht fest an einen Körper gebunden, was die Auslese und Evolution stark fördern kann, jedoch nicht muss, und was auch Rückschritte eher mal ermöglicht.

Denn eine Idee kann fast zerstört werden, ohne dass dafür ihre Träger vernichtet werden müssen, und zwar meistens von einer anderen Idee, die entweder effizienter für die Menschen und die Gesellschaft ist, effizienter scheint, oder sich einfach effizienter gegen andere Ideen stellt.

Und da wir uns weitgehend frei entscheiden können, welchen Ideen wir folgen, sobald wir mal genügend viele von ihnen kennen, hängt die Frage, ob die Ideen wirklich effektiv für uns sind und ob sie fähig sind, eine Gesellschaft langfristig zu tragen, größtenteils davon ab, wieviel wir über diese Ideen nachdenken und was uns wichtig ist. Natürlich ist auch der Gedanke, dass jeder über Ideen und Vorstellung nachdenken sollte, eine Idee, die Menschen entweder annehmen oder verwerfen können (und die dieser Text mit ein klein bisschen Nachdruck zu fördern versucht).

Einige der Hauptträger für Ideen sind wohl die Familie (sie gehen von den Eltern auf die Kinder über), die Medien (können Ideen sehr schnell verbreiten, aber nicht immer auch fest verankern) und der Freundeskreis (dort treffen Ideen aufeinander und entwickeln oft ihren eigenen Evolutionsprozess).

Vor allem grundlegende Ideen und Vorstellungen werden oft schon in der frühesten Kindheit geprägt, also durch die Familie. Dazu gehören auch Grundeinstellungen, wie zum Beispiel das grundlegende Vertrauen in die Welt als Ganzes (oder das Misstrauen dagegen).

Auch wenn diese Werte sich auch später noch ändern können, braucht das sehr einschneidende Erlebnisse, wie Schock oder Katastrophen oder eine sehr enge Gruppe von FreundInnen, die manchmal noch enger werden als die eigene Familie (was genetisch als Gründung eines eigenen Clans angesehen werden kann, um nochmal auf die Gene zurückzukommen).

Viele andere Ideen können sich leichter ändern, und wir können uns oft frei entscheiden, welche sich für uns richtig anfühlen.

Zum Beispiel habe ich mich entschieden zu glauben, dass es meine eigene Entscheidung war, dass ich dieses Leben lebe, und dass ich hier etwas leben will, ob es nun ist, diese Lebensumstände zu erleben, oder zu erleben und zu lernen, wie ich sie ändern kann, muss ich sie selbst entscheiden, und ich habe mich auch entschieden zu glauben, dass ich mir nach diesem Leben wohl ein neues, ein Weiteres aussuchen und zwischendrin nachschauen werde, in wieweit ich meine eigenen Lern-Ziele erreicht habe. Dieser Gedanke hat nämlich den Vorteil, dass damit jegliche Erfahrung in meinem Leben erstmal positiv ist, weil ich daraus etwas lerne. Wie ich dann darauf reagiere, und ob ich sie nochmal machen will, ist aber meine eigene Entscheidung. Und inzwischen habe ich diese Idee soweit verinnerlicht, dass ich sie als Glauben bezeichnen kann.

Und dadurch stellt sich für mich die Frage, wie ich mit der Vorstellung von Genen und Ideen mein Leben leben will.

Zum Beispiel bringt so die Frage nach dem Sinn des Lebens zwar eine einfache Antwort (Gene und Ideen weitergeben, und zwar so, dass sie auch in 10.000 Jahren noch bestehen können, also gesellschaftsfördernd sind) aber auch komplexere Fragen, sobald ich tiefer gehe.

Wie schaffe ich es zum Beispiel dafür zu sorgen, dass die erste einfache Antwort in die Realität umgesetzt werden kann? Ist es sinnvoll, viele Kinder zu haben, oder leidet deren Ausbildung so stark darunter, dass für die nächsten Generationen die Chancen meiner Gene sinken? Sollte ich meinen Partner nach genetischen Ansichten aussuchen oder eher nach Sympathie oder nach Vorstellungen und Ideen, oder sollte ich das einfach meinem Körper überlassen, der sich seit 10.000 Jahren (und viel länger) auf die Beantwortung dieser Frage optimiert, aber wenig Ahnung von heutigen Gesellschaften hat?

Und die Frage nach dem "richtigen Leben" wirft schonmal grundlegend in erster Linie Gegenfragen für jeden Einzelnen auf, ohne die keine individuelle und tragfähige Antwort möglich ist.

Doch die zu finden und zu beantworten überlasse ich jedem selbst.

Allerdings würde ich mich freuen, wenn Du, nachdem du nun diesen Text gelesen hast, mir schreibst, welche Fragen es für dich sind, damit ich vielleicht eine Fragenliste anhängen kann, wenn viele Fragen zusammengekommen sind. Denn Fragen sind oft weit wertvoller als Antworten, weil sie das eigene Denken anregen können. Woraus wohl nochmal deutlich wird, dass dieser Text auch die Idee fördern soll, dass jeder über seine eigenen Ideen und Antriebe nachdenken sollte.

Ich hoffe, er hat Dich angeregt.

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